Wie man die Thüringer früher sah

1807 beschreiben K.E.A. von Hoff und C.W. Jacobs die Thüringer mit folgenden Worten:

"Die Menschenart, die wir hier antreffen, zeichnet sich fast überall durch einen starken, kraftvollen Körper aus. Die Übung ihrer Kräfte, zu welcher sie von ihrer frühen Jugend an ihre Lage auffordert, erhöht das Vermögen ihrer Muskeln bis zu einem Grade, welchen der Bewohner des platten Landes nur selten besitzt. Eine Last von 150 bis 200 Pfund für einen Mann und von 100 Pfund und mehr für eine Weibsperson ist nichts Ungewöhnliches. Daß diese Lasten selten in der Ebene, sondern fast immer über die Gebirge fortgeschafft werden, erhöht noch die Schwierigkeit der Aufgabe und die Gültigkeit des Beweises, der in ihrer Auflösung für die körperliche Kraft unserer Waldbewohner liegt. Ihr Körperbau ist jedoch nicht bloß muskelhaft. Er ist, im Durschnitt genommen, auch wohlgebildet, keineswegs schwerfällig, sondern leicht, zugleich aber auch fest. ...

In dem gut gebauten, dauerhaften und dabei gewandten Körper unserer Waldleute wohnt gewöhnlich auch ein ihm entsprechender Geist. Fast immer besitzen sie einen gesunden, natürlichen Verstand. Sie fassen schnell und gut und halten das, was sie gefaßt haben, ziemlich fest. Nicht selten findet sich in ihnen ein nicht gemeiner Scharfsinn, der sie zu mechanischen Arbeiten und Unternehmungen aufruft oder sich durch Erleichterung in ihren gewöhnlichen Arbeiten an den Tag legt. und ebenso unverkennbar ist, wenn man diese Menschenart im freien Handeln und Treiben unter sich beobachtet, die Ader des Witzes, die sie oft in wirklich reichen Grade besitzen. Ihre ursprüngliche Gemütsstimmung ist frei und fröhlich. ... Diese glückliche Stimmung paart sich mit dem Sinne zur gefälligen Hilfeleistung gegen andere. Nicht leicht wird man in einem Waldorte umsonst und lange nach irgendeinen Beistande suchen. ...

Der natürliche Frohsinn der Waldbewohner gibt ihnen das Bedürfnis, sich von Zeit zu Zeit von den drückenden Arbeiten des übrigen Jahres zu erholen und zu dem Ende zu Volksfesten zu sammeln, die man daher bei ihnen häufiger als in dem flachen Lande findet."

Thüringer Tracht um 1800

Thüringer Spinnstube

Copyright © 2004 Ursula Neumann
Stand: 13.08.2010