Gedankensplitter

— fragmentarische Aufzeichnungen, Standpunkte, Kommentare, Zitate, Überlegungen und Erlebnisse

So unterschiedlich die Menschen rund um den Erdball sind, so unterschiedlich ihre Kulturen, Religionen, Traditionen und Lebensweisen, so verschieden sind auch die Regeln, die ihr soziales Miteinander prägen. Dennoch gibt es zumindest eine Regel, bei der Unterschiedlichkeit keine Rolle spielt, die eine universelle Gültigkeit besitzt und für jeden Menschen gilt, unabhängig von Nationalität oder Religion. Die Goldene Regel, wenngleich sie in vielen verschiedenen Formulierungen und mit unterschiedlichen Bezeichnungen existiert, stellt den einen Lebensgrundsatz dar, ohne den ein friedliches und freies Leben des Individuums in der Gesellschaft unmöglich wäre.

‚Was du nicht willst, was man dir tu‘, das füg auch keinem andern zu.‘

Man muss nicht an Gott glauben, um sich dieser Regel verpflichtet zu fühlen. Dennoch ist es von großer Bedeutung, dass die Goldene Regel gerade in den Religionen fest verankert ist, denn sie stellt dadurch einen wichtigen Wegweiser zu einem Ziel dar, welches auch die Stiftung Weltethos anstrebt: Weltfriede durch Religionsfriede. Erst wenn der Mensch sowohl die Unterschiedlichkeit der Religionen als auch die Goldene Regel als einen allgemeingültigen Denk- und Handlungsgrundsatz akzeptiert, rückt die ferne Vision eines Weltfriedens in greifbare Nähe.

 Die Toleranz ist eine Handlungsregel für das Gelten lassen der religiösen, sozialen, politischen und philosophischen Überzeugungen, Normen und Wertsysteme sowie der ihnen entsprechenden Handlungen Andersdenkender.

 Der Begriff Toleranz kommt vom lateinischen Wort „tolerare“. Man kann es mit „erdulden“ oder „ertragen“ übersetzen. Sich tolerant zu verhalten, bedeutet aber mehr als andere Menschen nur irgendwie zu ertragen. Tolerant sein heißt, jeden Einzelnen so zu akzeptieren, wie er ist. Menschen unterscheiden sich in vielen Dingen, wie zum Beispiel ihrem Aussehen, ihrer Meinung und ihrer Herkunft. Trotzdem sollte jeder Mensch gleich behandelt werden. Manchmal fällt das gar nicht so leicht. Nicht immer ist man mit der Einstellung anderer Personen einverstanden oder stört sich an Äußerlichkeiten. Da ist Toleranz gefragt!

 Toleranz ist nicht nur eine moralische Qualität und Ziel individueller Persönlichkeitsentwicklung. Für die pluralistische und multikulturelle Gesellschaft ist Toleranz eine unverzichtbare Grundhaltung, ohne die kein friedliches Zusammenleben funktionieren kann. Doch Toleranz ist keine Selbstverständlichkeit. Sie muss immer wieder neu gelehrt und erlernt werden.

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KOLUMNE "PHILOSOPHISCH GEDACHT"
Copyright © 2018 Ursula Neumann
Stand: 14.03.2019